Der Bundeskanzler wird die Cum-Ex-Affäre nicht los. Neue Dokumente und E-Mails aus dem inneren Zirkel von Olaf Scholz wecken nach stern-Informationen Zweifel an der Darstellung seiner Roll

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Dem stern liegen neue E-Mails aus seinem engsten Umfeld vor. Sie zeigen Unstimmigkeiten im Team des Sozialdemokraten. Und sie wecken Zweifel am Kern seiner Darstellung, sich an die Treffen mit der Privatbank nicht erinnern zu können. Es geht um einen Kalendereintrag, auf den Scholz sich berief – der von seinem eigenen Team allerdings unauffindbar war.

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Am 30. April 2021 muss Scholz vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Fünf Tage vorher bastelt Schmidt an einem Sprechzettel für Scholz. Per E-Mail schickt er um 19:10 Uhr Formulierungsvorschläge an Jeanette Schwamberger, Scholz‘ Büroleiterin: Die Warburg-Bank habe Rückstellungen gebildet und würde im Falle einer Verurteilung zahlen. Der Steuerzahler müsse “keinen Schaden befürchten”, schreibt Schmidt und schlägt weiter vor: “Im November 2017 hat sich der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz mit Herrn Olearius in seinem Bürgermeister-Amtszimmer zu einem Gespräch getroffen. Dies ist dem Dienstkalender des Bürgermeisters zu entnehmen.”

Schwamberger antwortet um 22:30 Uhr: “Das irritiert mich”, schreibt sie an Schmidt und Hebestreit, sie finde nichts in der Kalenderdatei. “Ich habe noch nie einen Termin mit Olearius von November 2017 im Kalender gesehen. Auch nicht einen Termin im Oktober 2017. Das ist alles merkwürdig, aber wir sind alle Kalender durch.”

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Scholz‘ Erklärung vor dem Untersuchungsausschuss ist speziell. Aufgrund eines IT-Problems in seinem Finanzministerium seien im Kalender ab Mitte Oktober 2017 “ausschließlich Termine meines Amtsvorgängers, Bundesminister Altmaier” zu finden. “Insofern gehe ich davon aus, dass das Treffen stattgefunden haben wird, auch wenn ich daran keine eigene Erinnerung habe.” Das klingt wie: Der Kalender ist zwar leider unvollständig, aber der Termin mit Olearius wird schon darin gewesen sein.

Gegen diese Version sprechen Erkenntnisse des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen. Die Behörde, die im Rahmen ihrer Ermittlungen ein damaliges E-Mail-Postfach von Scholz beschlagnahmte, hat dieses inzwischen in einem Vermerk ausgewertet. Und siehe da: Für den 10. November 2017 sind acht Termine festgehalten, von neun Uhr morgens bis 23 Uhr abends. Scholz hat demnach etwa ein Forschungszentrum in Hamburg besucht und die Konferenz einer bekannten Stiftung der Stadt eröffnet. Ein Termin mit Olearius ist nicht verzeichnet.

Das wirft viele neue Fragen auf. Wie kommt es, dass Scholz‘ Sprecher Hebestreit sich auf einen Kalendereintrag berief, der offenbar nie existierte? Auf welcher Basis konnte Scholz selbst den Termin bestätigen? Wenn es dazu keinen Kalendereintrag gab, muss die Bestätigung für das Treffen im November 2017 eigentlich auf Erinnerungen beruhen – aber die will Scholz ja angeblich nicht gehabt haben.

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  • iamkindasomeone@feddit.de
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    11 months ago

    Es ist immer wieder absurd, dass er damit durchgekommen ist und jetzt Bundeskanzler ist. Aber dann wundern, dass niemand mehr Vertrauen in die Politik hat.

    • MrMakabar@slrpnk.net
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      11 months ago

      Genau deswegen ist er jetzt Bundeskanzler. Er gibt den Superreichen was sie wollen und die unterstützen ihn mit der Presse.

  • amiuhle@feddit.de
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    11 months ago

    Die Union will einen neuen Untersuchungsausschuss. Juristisch soll bald geklärt sein, ob und in welcher Form er kommt.

    Mit Korruption kennen die sich ja aus, hoffentlich ist somit die Expertise der Union endlich mal gut für die Allgemeinheit.

    Vielleicht könnte man ja auch irgendwie nachhelfen, damit Brechmittel-Olaf sich erinnern kann?

  • 𝘋𝘪𝘳𝘬@lemmy.ml
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    11 months ago

    Dass König Olaf bis über beide Ohren da mit drinsteckt ist doch eh jedem klar, nur Gerichtsfest beweisen kann man es nicht.

  • A2PKXG@feddit.de
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    11 months ago

    Was hat der davon, sich ein Treffen auszudenken? Soll das eine falsche Fährte sein, damit man nicht auf seine Telefonabrechnung schaut oder was ist da los?

  • Janis@feddit.de
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    11 months ago

    Was ich gerne wissen würde, ist warum der Stern die HitlerTagebücher so gepushed hat? Also mal alles offensichtliche wie Machart, falsche Initialen auf dem Cover und so weiter beiseite. Kann ja sein, dass bein Stern niemans von Druck, Papier usw. Ahnung hatte.

    Aber in den bekackten Hitlertagebüchern standen nur Sachen drin, die Hitler wie Mutte Theresa haben wirken lassen. Rührseeliges Geheule, ob man nicht doch Lebensraum für Juden in Osten finden könnte, das Goebbels irre wäre und der arme Herr Hitler sich nicht wehren könnte. Was genau hat der Stern denn geprüft, wenn weder die Inhalte noch das Material?

    Oder ist es vielleicht so, dass der Stern einfach nur eine widerliche Nazipresseschleuder ist? Welche Investigativleistungen der letzten 20 Jahre spiegeln die Leistungen des Stern wieder? Gibts da irgendwas positives?

  • Blaubarschmann@feddit.de
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    11 months ago

    Die ganze Sache stank doch von Beginn an, diese neue Ungereimtheit ist nur ein weiterer Teil dazu, wirklich belastbar gegen ihn ist das aber immer noch nicht. Wirkt alles sehr verdächtig, aber wirklich nachweisen kann man ihm bisher nichts. Man wird es wohl nie erfahren was wirklich passiert ist